Tipp Nicole Hametner
Bucasnebatshlat
Tipp Nicole Hametner
Bucasnebatshlat
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Tipp Hin Van Tran
Bericht derstandard.at
Emojis vor Gericht: Wenn ein Symbol als Terrordrohung gilt
Tipp Hin Van Tran
Bericht derstandard.at
Emojis vor Gericht: Wenn ein Symbol als Terrordrohung gilt
Immer öfter ersetzen sogenannte «Emojis» den Text in Mitteilungen: Die Ideogramme gelten mittlerweile als fixer Bestandteil unserer schriftlichen Kommunikation, das Magazin Wired nennt sie einen «Farbtupfer» in Chats und SMS; die australische Aussenministerin gibt dem Medienportal Buzzfeed sogar ein Interview in Emojis. Durch ihre Omnipräsenz in digitalen Gesprächen landen Emojis aber auch zusehends als Beweismittel vor Gericht – und die Justiz tut sich schwer, mit ihnen umzugehen. Denn eindeutig ist bei Emojis kaum je etwas, doch ihre Interpretation kann drastische Konsequenzen haben.
Emojis als Bildgeschichte
Da wäre etwa der Fall des US-Amerikaners Osiris Aristy: Mitte Jänner veröffentlichte der junge New Yorker ein Facebook-Posting, das aus vier Emojis bestand: Ein Polizist und drei Pistolen, die auf ihn deuteten. Zuvor hatte Aristy zwar aggressive, aber nicht gegen Ordnungshüter gerichtete Meldungen veröffentlicht. Drei Tage später wird der 17-Jährige festgenommen, die Emojis werden als Androhung eines Terroranschlags bewertet. Ein Gericht muss entscheiden, was Aristy damit sagen wollte.
«Jedes Komma, jedes Emoji»
Es ist nicht das erste Mal, dass sich ein Richter mit Emojis beschäftigen muss: Im vergangenen Jahr erlebten Emojis als Beweismittel eine Blütezeit. Etwa beim «Silk Road»-Prozess gegen Ross Ulbrich, wo die Richterin entschied, «jeden Punkt und Komma, jedes Emoji» als Beweismittel zuzulassen. Das ergebe durchaus Sinn, erklärt der Linguist Tyler Schnoebelen in Wired: «Emojis betten das Gesagte in einen Kontext ein.» Sie erweitern die Kommunikation um jene Elemente, die von Angesicht zu Angesicht durch Mimik oder Tonalität ausgedrückt werden.
Kontext
Allerdings ist es mit Emojis genauso wie mit persönlichem Sprachverhalten: Ihr Einsatz ist individuell verschieden, erst nach mehreren Konversationen wird (oft) klar, ob ein ‚;-)‘ des Gegenübers etwa als Ironie oder ernst gemeinter Freude ausgelegt werden soll. Ein US-Bürger, der wegen Drohungen gegen seine Exfrau angezeigt worden war, verteidigte sich etwa damit, dass er seine Aussage mit einem Emoji entschärft habe. Aber man benötigte laut Wired vor Gericht größere Textmengen, um Vergleichswerte für die als Beweismittel herangezogenen Stellen zu haben.
Keine Anklage
Im Fall des 17-jährigen US-Bürgers kam der Emoji-Übeltäter noch einmal mit dem Schrecken davon: Ein Gericht entschied, dass die Symbole nicht ausreichten, um als ernsthafte Androhung eines Terroranschlags zu gelten. Allerdings ist nun jeder gewarnt, wie dies Wired analysiert: «Das ‚ 😉 ‚ kann vor Gericht gegen Sie verwendet werden.»
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oder Wenn aus Beten ein High Five wird
Text Eva Allemann
Drive-In-Kirchen – Wie muss ich mir das vorstellen?
Text Eva Allemann
Drive-In-Kirchen – Wie muss ich mir das vorstellen?
In ihrer Bachelorarbeit zu Auto-Mensch-Beziehungen beschreibt Nathalie Matter ein Phänomen, das mich besonders beschäftigt: Drive-In-Kirchen. In den USA kann man in seinem Auto Gottesdienste besuchen. Auf einem Parkplatz predigt ein Pfarrer von einer Terrasse auf die stehenden Wagen herab. So wird nicht nur das Auto vom Fortbewegungsmittel zum Gotteshaus umfunktioniert, sondern auch der Gedanke der Gemeinschaft löst sich von der herkömmlichen Vorstellung einer katholischen Messe. Isoliert und in sicherer Entfernung sitzen oder liegen Messeteilnehmende auf ihrem persönlichen Sitzplatz. Niemand wird in seinem Auto beobachtet. Und nebenbei bemerkt, kommt den Trainerhosen endlich das verdiente Attribut der Sonntagskleidung zu.
Aber wie eine solche Messe abläuft und inwiefern eine ungezwungene Interaktion mit Messeteilnehmenden ausserhalb der vier Blechwände stattfindet, frage ich mich.
Läuten die Glocken, wenn ich in die Drive-In-Kirche gefahren komme?
Wo höre ich das Orgelspiel und den klangvollen Chor? Gibt es hierfür einen Kanal, den ich am Autoradio einstellen kann?
Wie bete ich ohne Kirchenbank? Werden meine Knie verschont und muss ich auch meine Lippen nicht mehr bewegen, aus Verlegenheit, weil ich das Vater Unser nicht auswendig kann?
Wie soll ich mir den Gang beziehungsweise die Fahrt zur heiligen Kommunion vorstellen? Reihe ich mich mit meinem Auto einfach im Reisverschlusssystem ein und erhalte eine Hostie zum Mitnehmen?
Wo schaue ich mir die fesselnden grossen Kirchenmalereien an? Installiere ich eine App zur Messe und blicke auf mein Smartphone-Display?
Und was ist mit dem tonigen Licht, das normalerweise durch die Kirchenfenster scheint und mich in eine andächtige Stimmung versetzt?
Gibt’s den Weihrauch als Duftbaum?
Und danach? Trifft man sich statt in der Dorfbeiz noch in einem Drive-In-Restaurant?
Sinne ich zurück, so sind es die Stimmungen, die Rituale und das Gefühl ein geschätzter Teil einer Gemeinschaft zu sein, was ich von der Sonntagskirche an Werten mitgenommen habe. Was bleibt, wenn das wegfällt? Inhalt, mit dem ich mich nicht identifizieren kann? Oder etwa nur das Auto?
Text Nathalie Matter
Tipp Eva Allemann
Wie absurd sind Auto-Mensch-Beziehungen?
Text Nathalie Matter
Tipp Eva Allemann
Wie absurd sind Auto-Mensch-Beziehungen?
Wie absurd sind Car-Hopping-Contests?
Wie absurd ist es, eine Gucci-Handtasche mit einem Ferrari zu vergleichen?
Wie absurd ist es zu behaupten, dass das Auto für den Mann eigentlich wie das erste Barthaar ist?
Wie absurd sind Hostessen?
Wie absurd ist es, seine Aggressionen an einem Auto abzubauen?
Wie absurd ist es, dass wir Autos Kosenamen geben?
Wie absurd ist es, das Auto mit ins Grab zu nehmen?
Wie absurd ist es, dass wir uns mit unserem Auto selbst therapieren?
Wie absurd ist es, dass wir von einem Auto träumen?
Wie absurd ist es, dass jemand mit seinem Range Rover nur in der Stadt herumfährt?
Wie absurd ist es, dass jemand ein Auto mit 300 PS kauft?
Wie absurd ist es, dass wir sitzend reisen wollen?
Wie absurd ist es, dass wir Unfälle faszinierend finden?
Wie absurd ist es, Sex in einem Auto zu haben?
Wie absurd ist es, Sex MIT einem Auto zu haben?
Wie absurd ist es, bei einem Autorennen mit Leben und Tod zu spielen?
Wie absurd ist es, dass wir rasen?
Wie absurd sind Drive-Through-Gebete?
Wie absurd ist es, dass der Papst den neuen Mercedes Benz Vito segnet?
Wie absurd ist es, wenn jemand sein Haus nach Ferrari umbaut?
Wie absurd ist es, dass jemand mehr Zeit im Auto als in seiner Wohnung verbringt?
Wie absurd ist es, wenn die Garage zum Wohnzimmer wird?
Wie absurd ist, dass man sein Auto drei Stunden putzt?
Wie absurd ist es, dass ein Auto über Leben und Tod entscheidet?
Wie absurd ist es, dass unser selbstfahrendes Auto zu unserem Kumpel wird?
Wie absurd ist es, dass wir einmal in einer Welt ohne Automarken leben werden?
Wie absurd ist es, dass man ein Auto wie ein Kind erziehen kann?
Wie absurd ist es, dass unsere Autos für uns zukünftig das Flirten übernehmen?
Wie absurd ist ein Auto ohne Lenkrad?
Wie absurd ist es, dass wir Autos so gerne berühren?
Die Antworten gründen einerseits auf Matters Recherchen und Betrachtungen von Bildern zum Thema. Andererseits stammen die Entdeckungen bizarrer Auto-Mensch-Beziehungen aus den zehn geführten Interviews mit von ihr ausgewählten Personen verschiedenster Fachgebiete.
Für die Diplomausstellung vom 23. Juni–8. Juli an der HKB Fellerstrasse entsteht eine weiterführende gestalterische Auseinandersetzung der abwegigen Verhältnisse zwischen Mensch und Auto.
Text Stefan Sulzer
Navigo ergo sum
Text Stefan Sulzer
Navigo ergo sum
Das Ziel war klar. Als altgedientes Ding-Dong Redaktionsmitglied durfte ich nach der fadenscheinigen Ablehnung meines letzten Themanvorschlags (Fadenkreuz), diesmal einen weiteren seriösen Kandidaten ins Rennen bringen: Autokorrektur. Während sich meine Kolleginnen mit der zerstörerischen Macht der automatisierten Korrektur moderner Computer-Algorithmen oder der hoffnungsvollen Entwicklung des matriarchalischen Korrektivs in Bhutan auseinandersetzen würden, dürfte ich mich auf den Auto-Teil des Titels konzentrieren und als Teil meines Rechercheprozesses (Wochenendausfahrten), die luxuriöseste Form des Individualverkehrs testen. Kurz: Ich würde mich ein paar Wochenenden auf Strassen vergnügen, die sich wie von Gotteshand drapierte Asphalt-Spaghetti über die Berge dieses Landes legen. Das war der Plan. Doch die Menschen, welche für das Ausleihen von Wagen an Medienvertreter verantwortlich zeichnen, haben, so scheint es, mit Google Maps einen Blick auf den HKB Parkplatz geworfen und ob all der erblickten Elektrovelos und verrosteter Toyota Camrys entschieden, dass sich durch einen Verleih an mich kein neues, zahlungsfreudiges Kundensegment eröffnen würde. Dabei gibt es an der HKB durchaus die ein oder andere Person, der ein rassiges Gefährt etwas mehr Verve verleihen würde …
Die Suche nach grosszügigen Autofirmen führte mich schlussendlich doch noch ans Ziel. Der den Inbegriff der nordischen Eleganz und des revolutionären Interieur-Designs darstellende Volvo XC 90 wurde mir für eine geschlagene Woche zur Verfügung gestellt. Volvo hat sich designtechnisch schon lange des klotzigen Traktoren-Images entledigt und verkörpert zeitgenössische, unangestrengte Coolness geradezu emblematisch. Der Grund, warum Volvo nicht als erstes für einen Test angefragt wurde ist simpel: auch wenn ich mir den ausgeliehenen XC 90 nie werde leisten können, so habe ich doch, ohne je ein neues Modell gefahren zu haben, immer gespürt, dass ich, würde ich je ein Auto besitzen, mich für die Marke aus Göteborg entscheiden würde. Design und Image der coolen Nordländer treffen bei vielen kunstaffinen Menschen auf eine ganz besondere Resonanz, doch dazu später mehr. Ausserdem hätte mir der Test eines Sportwagens erlaubt, ein Wochenende lang in eine Rolle zu schlüpfen, die ich auch bei dem Jahreseinkommen eines texanischen Öl-Magnaten nicht dauerhaft würde besetzen wollen: die des Maserati-, Jaguar- oder Porschefahrers. Lieber wäre ich durch einen Sportwagentest für kurze Zeit zu einer Person geworden, die ich nicht bin, als durch den famosen Volvo einen Ausblick in eine Welt kriegen, die ich nur aus fehlendem pekuniären Erfolg nicht meine eigene nenne. Die Tatsache, dass sich Volvo Schweiz als einzige der sieben angefragten Firmen bereit erklärte, mir nicht irgendeinen Testwagen zur Verfügung zu stellen, sondern ihr exquisites Topmodell, soll als weiteres Zeugnis der ewigen Beziehung der Schweden mit den Künsten dienen.
Volvo macht auch deshalb Sinn, weil es ja zu einem Teil auch uns Schweizern gehört. Oder wer hat noch nie eine ähnliche Konversation mit einem geografieschwachen Amerikaner erlebt:
„Where are you from?“
„Switzerland“
„Oh, how very interesting, I have a friend who drives a Volvo …“
Nordische Automobilhersteller haben es geschafft, mit ihren Produkten feingeistige homo artistici in ihren Bann zu ziehen. Egal an wie viele Bäume sich der Architekturstudent in den 80ern gekettet oder vor wie viele Castor-Transporte er sich gelegt hat und wie unvorstellbar es für ihn nun, Mitte Fünfzig wäre, einen «vulgären Maserati» oder «protzigen BMW» zu fahren; ein Saab oder Volvo bilden eine gegenüber jeglichen schöngeistigen und gutmenschlichen Vorbehalten autarke Kategorie des gehobenen automobilen Understatements. Der Saab 900 (ein von der Redaktionsleiterin gern gefahrenes Automobil) wird nicht von ungefähr bis heute als Architektenkarre bezeichnet. Das abgehobene Kognitariat findet seine edle Weltanschauung am deutlichsten in schwedischem Stahl gespiegelt.
Lange waren Autos und Motorräder alles für mich. Die Fahrprüfungen beider Fortbewegungsmittel wurden zeitnah dem 18. Geburtstag bestanden (alles andere kommt im Aargau dem Aussatz gleich) und selbst als Kind mussten die weichen Teddy Bären und Plüschaffen im Bett den harten Matchbox Autöli weichen. Doch dann kam, für einen aargauischen Prolo-Bauern etwas unerwartet, der Eintritt in die Kunstwelt und die heimliche Liebe wich fürs erste der Beschäftigung mit hochstehender geistiger wie retinaler Nahrung. Eines Tages fiel mir jedoch Roland Barthes Essay über den neuen Citroën DS, welches in seinem Buch Mythologien des Alltags publiziert ist, in die Hände. Barthes vergleicht darin das Auto mit gotischen Kathedralen, spricht von der «Preisung der Scheiben» und der «Vergeistigung des Automobils» (schicksalhaft wurde Barthes in Paris von einem Kleintransporter überfahren und starb einen Monat später an den Folgen des Unfalls). Offenkundig durfte die Gestaltung eines Fahrzeuges auch komplexe Geister bewegen, ohne dass eine solche Beschäftigung als Beweis einer zerebralen Simplizität herhalten musste.
Während vieler Jahre gab es aus der Welt des Automobils nichts wirklich Aufregendes zu berichten. Ein Design glich dem anderen, CW-Werte und Windkanäle bestimmten die Form und führten dementsprechend zu einem sämigen Einheitsbrei an Gestaltungsentwürfen. Nicht so heute. So wurden in den letzten Jahren nicht nur spannende Karosserien geschmiedet, sondern vermehrt ein Augenmerk auf den Ort gelegt, in dem der Pilot, die Pilotin, am meisten Zeit verbringt: dem Cockpit, bzw. dem Innenraum. Von Fachjournalen als eines der schönsten Wageninterieurs der letzten Jahre gepriesen (lange eine Ehre, die sich Range Rover und Rolls Royce teilten), empfängt mich der XC 90 mit einem angenehm neutralen Ledergeruch. Auch wenn ich in meinem Test weniger über solch profane Fakten wie Preis (137’350chf) oder Leistung (407 PS) pontifizieren möchte, so werden beide dieser Faktoren schon in den ersten Fahrminuten evident. Mit gehörigem, von einem Elektromotor unterstützten, Zug, fahre ich gen Zürich. Man fühlt sich in dem hyper-stylischen Cockpit wärmstens aufgehoben. Die edlen Materialen wie die fischgrätähnlichen, offenporigen Echtholzapplikationen, das weiche Leder, der beleuchtete Schaltknauf aus Kristallglas des schwedischen Glasproduzenten Orrefors und der satte, 1400 Watt starke Sound aus den 19 Bowers & Wilkins Lautsprechern lassen einen gediegenen Wochenend-Roadtrip durch die österreichischen Alpen, Norditalien und das Valle di Poschiavo erahnen. Das Innenraum-Design verkörpert eine Dualität an kühler Futuristik und heimeliger Wärme, so dass man sich zwar als Teil einer zukunftsgewandten Gesellschaft des 21. Jahrhundert erkennt, ohne jedoch das Gefühl einer schützenden Nestwärme zu vermissen. Trotz seiner imposanten Aussenmasse (fast 5m lang, über 2m breit) und einem Gewicht von fast zweieinhalb Tonnen, strahlt der XC 90 ein Gefühl der unbekümmerten Eleganz und Lässigkeit aus. Dies ist nebst dem luxuriösen Fahrgastraum auch der alle Unebenheiten willig absorbierenden Luftfederung geschuldet. Besondere Freude hatten Fahrgäste allerdings nicht im Fahrersitz (der eh nicht zur Verfügung stand), sondern im Fond. Mir wurde nämlich nicht irgendeine Baureihe des XC 90 ausgeliehen, sondern das EXCELLENCE Modell, welches eigentlich für CEOs gedacht ist, die das Steuern eines Fahrzeuges lieber einem samtpfotenen Chauffeur überlassen. Abgesehen von den beschränkten Kapazitäten (man bezahlt mehrere Zehntausend Franken drauf, um statt sieben nur vier Personen transportieren zu können) bietet der EXCELLENCE Vorteile, welche man auf den ersten Blick als negierbar erachtet; nur um sich nach 30 minütiger Fahrt zu fragen, wie man je in einem Auto Platz nehmen konnte, welches nicht über belüftete Massagesitze und einen Champagnerkühlfach verfügten. Die Massagefunktion ist, Volvo sei Dank, auch in den Vordersitzen vorhanden, so dass kraft der akzentuierten Hot-Stone-Massage, selbst der ödeste Autobahnabschnitt des Landes (Zürich – Bern) zu einem erholsamen Unterfangen wird.
Bitte gestatten Sie mir hier einen kurzen Exkurs in die Frage, warum fahrzeugbezogenes Interieur Design lange Zeit diesen Ausdruck nicht wirklich verdiente und warum es grösstenteils dafür verantwortlich zeichnet, wie man sich beim Navigieren eines Gefährts fühlt. Die offensichtliche Tatsache ausser Acht lassend, dass man die meiste Zeit im und nicht ums Auto verbringt, geht es um viel mehr als ergonomisch adäquat platzierte Knöpfe und Schalter. Vielmehr versprüht das noble Interieur ein sentiment de bonheur und eine Überlegenheit der allgemeinen Lugubrität unserer Zeit gegenüber. Die Plastiklawinen, welchen einen beim Einsteigen in die meisten Fahrzeuge der 80er Jahre verschlangen, sind glücklicherweise passé. Viele Autobauer bevorzugen eine eher aufrechte Sitzposition, wie man sie beispielsweise beim Golf oder praktisch allen Porsche 911 vorfindet. Was ich mich schon als 11-jähriger Bub beim Betrachten eines Lamborghini Countach Cockpits fragte: Warum sind nicht alle Fahrgasträume mit enorm hohen, den Fahrenden und die Fahrende umwickelnden Mittelkonsolen versehen, die eine viel immersivere Fahrerfahrung provozieren. Auch fühlt man sich durch die räumliche Eingrenzung des eigenen Körpers wie in einem schützenden Kokon. War es früher italienischen Supersportwagen vorbehalten, ihr Inneres so zu präsentieren, gestalten immer mehr Designer heutige Interieurs nach diesem Prinzip. Selbst Porsche hat mit dem Typus 991 ab 2011 das erste Mal eine solch hochgezogene Mittelkonsole präsentiert. Volvo wendet in all seinen neuen Modellen dieses Design an, sehr zur Freude des an einem holistischen und non-exhaustiven Fahrgenuss interessierten Connaisseurs.
Ich bin kein pseudo-neutraler Auto-Journalist. Die kritische Distanz als Credo jeglicher journalistischen Schreibe ist für mich kein Muss. Natürlich gibt es auch beim XC 90 Verbesserungsmöglichkeiten (z.B. den Verbrauch). Nichtsdestotrotz fällt nach tagelangen Ausfahrten auf Strassen dieses wundervollen Kontinents, die Rückgabe des stolzen Begleiters schwer. Wie werde ich die Dank der grosszügig isolierten Fahrgastzelle wohltuende Ruhe vermissen, wenn sich bei der nächsten Zugfahrt ein Baby bemerkbar macht oder zwei pensionierte Wanderer das letzte Abstimmungsergebnis diskutieren? „Isolation is the essence of land art“, sprach Walter De Maria. Ich würde dem beifügen: „the essence of luxury is isolation“. Beim letzten Aussteigen vergegenwärtige ich mir die Tatsache, dass ich höchstwahrscheinlich nie mehr in ein Gefährt von solch unbestechlichem Luxus steigen werde. Ein Luxus, der nicht auf grossspurigem Protzen und ostentativer Zurschaustellung materieller Mittel beruht, sondern den mühelosen Genuss, des an seiner Umwelt nicht sonderlich interessierten Zeitgenossen, auf eine solch unaufgeregte Art befördert, dass er gänzlich unbemerkt die Misere dieser Welt etwas erträglicher erscheinen lässt.
Das Testfahrzeug wurde grosszügigerweise von Volvo Schweiz und der Garage Häusermann in Effretikon zur Verfügung gestellt.
Roland Barthes Essay über den Citroën DS aus dem Jahr 1957
Bericht Patricia Schneider
Formschöne Dreckschleudern
Bericht Patricia Schneider
Formschöne Dreckschleudern
Zunächst fiel mir auf, dass die ganze Farbpalette vertreten war und sie ausnahmslos runde Augen hatten. Ihr gutmütiger, frecher oder manchmal auch grimmiger Blick wurde meist durch viel Chromstahl und eine ausladende Kühlerhaube eingefasst. Bei den Karosserien gab es sowohl behäbig wirkende Strassenkreuzer als auch schnittige Modelle mit Heckflossen, die sehr sportlich wirkten. Auch das Innere der Wagen ist liebevoll ausgestaltet und farblich auf das Gesamtbild abgestimmt. Den Herstellern dieser Autos schien es nicht in erster Linie um Geschwindigkeit zu gehen, sondern um Coolness und Eleganz.
Diese Beobachtungen habe ich nicht etwa in einem Oldtimermuseum gemacht, sondern im April dieses Jahres auf den Strassen von Havanna. Die Mehrheit der Autos, auf die man dort trifft, sind amerikanische Modelle und stammen aus den fünfziger Jahren. Da der freie Autohandel nach der Revolution von 1959 weitgehend verboten war, wurden lediglich sowjetische Wagen wie der Lada oder der Moskwitsch eingeführt. Es durfte auch nur mit vorrevolutionären Autos frei gehandelt werden. Daher hat man die alten Wagen immer und immer wieder repariert – mit dem was gerade erschwinglich und verfügbar war. So findet sich unter der Motorhaube manch eines Chevrolets inzwischen ein Peugeot-Motor, die Ersatzteile werden anderen Rostlauben entnommen und wenn sie nicht passen, werden sie passend gemacht.
Viele Kubaner können sich den Sprit für die durstigen Ami-Schlitten kaum leisten, aber dennoch denken sie nicht daran, ihre Autos zu verkaufen. Zurzeit gibt es zudem Engpässe bei der Benzinversorgung, da der Import aus dem wirtschaftlich geschwächten Venezuela eingebrochen ist. Man fragt sich manchmal schon, was einige Automobilisten genau in ihren Tank füllen, wenn sie eine dichte schwarze Rauchwolke hinter sich herziehen. Da kann man schon fast von Glück reden, dass es nicht mehr Verkehr gibt.
Der öffentliche Verkehr ist für viele Kubaner dennoch nur eine Notlösung. Lieber zahlen sie ein paar Pesos cubanos für eins der vielen Taxis, als sich in die überfüllten Stadtbusse zu zwängen. Für die Touristen kostet die gleiche Taxifahrt dagegen ein Vielfaches, insbesondere wenn es sich beim Gefährt, um einen gut erhaltenen Oldtimer handelt. Ein Freund aus dem Taller Experimental, der solch einen Wagen besitzt, hat mir erzählt, dass das Auto sowas wie eine unsichere Kapitalanlage sei. Er denke gerade darüber nach, das Auto zu verkaufen, um sich damit eine Wohnung zu finanzieren. Er gebe recht viel Geld für die Instandhaltung aus und wisse nie, wie lange sein geliebtes Auto noch fährt. Im nächsten Satz wird aber bereits klar, dass er es sich nicht vorstellen kann, mit dem Bus oder dem Taxi in die Stadt zu fahren.
Obwohl das Castro-Regime seit 2014 den Kauf von Neuwagen wieder erlaubt, bringt das viele Kubaner nur in Rage. Ein durchschnittlicher Mittelklassewagen kostet nämlich etwa das Zehnfache des festgesetzten Listenpreises in Europa, und auch ein Gebrauchtwagen ist bei einem durchschnittlichen Gehalt von umgerechnet 15-20 Franken pro Monat schlicht unerschwinglich. Die Wucherpreise werden so begründet, dass damit der öffentliche Verkehr ausgebaut werden soll. Vermutlich spekuliert das Regime mit dieser Preispolitik darauf, dass die Verwandten im Ausland aushelfen und die dringend benötigten Devisen ins Land bringen.
Obwohl viele Kubaner von einem Neuwagen träumen, der einfach nur fährt, hängen sie an ihren alten Autos. Meist sind es Erbstücke, welche die Familiengeschichte mitgeprägt haben und selber auch fast als Familienmitglied mit eigenem Charakter betrachtet werden. Es fühlt sich jedenfalls ganz anders an, in einem dieser Automobile zu sitzen, als in einem der grauen, aerodynamischen Wagen, die auf unseren Strassen unterwegs sind und alle paar Jahre ausgewechselt werden.
Bericht Annika Hossain
Autokorrektur im Strassenverkehr
Bericht Annika Hossain
Autokorrektur im Strassenverkehr
Das Jahrhundert der Mobilität
Der Bedarf an Mobilität nimmt seit 1900 stetig zu, so dass in Bezug auf das 20. Jahrhundert auch gerne vom «Jahrhundert der Mobilität» gesprochen wird.[1] Die Zahl der Berufspendler steigt kontinuierlich. Von 1990 bis 2014 verdoppelte sich die Zahl der Bahnpendler in der Schweiz beinahe von 327’000 auf 636’000 Personen.[2] Die Bertelsmann-Studie belegt: Wenn das Fahren Stress bedeutet, herrscht grosse Einigkeit über den Vorteil des selbständigen Fahrens.
Allerdings sagen trotzdem 67 Prozent der Befragten, sie stünden der Technik des autonomen Fahrens generell misstrauisch gegenüber. So können sich 61 Prozent nicht vorstellen, ein selbstfahrendes Auto zu nutzen. Woran liegt das grundsätzliche Misstrauen der Menschen gegenüber dem autonomen Fahren? Ist es mit dem Unbehagen bei anderen Revolutionen im Bereich Mobilität, wie etwa bei der Einführung der Eisenbahn oder des Flugzeugs, vergleichbar? Am häufigsten nennen die Befragten der Bertelsmann-Studie die Angst vor Unfällen (84 Prozent). Es folgen die Sorgen vor dem Verlust der eigenen Kontrolle über das Auto (83) und vor Hacker-Angriffen (74).
Thema Kontrollverlust
Sobald man in ein Verkehrsmittel steigt, das man nicht selber steuert, begibt man sich vertrauensvoll in die Hände eines oft fremden Menschen – die ZugführerIn, die PilotIn oder die FahrerIn. Obwohl die meisten Unfälle durch menschliches Versagen verursacht werden, trauen Viele digital programmierten Fahrzeugen nicht zu, den heiklen Transport der eigenen Person zu übernehmen. Dabei gewinnt das Automobil mit der Komponente der autonomen Steuerung eigentlich ein Stück weit an seiner ursprünglichen etymologischen Bedeutung: auto-mobil bedeutet nichts anderes als selbst-beweglich [autós (gr.) «selbst»; mobilis (lat.) «beweglich»].[3] Allerdings sollte nach der Meinung der Skeptiker bei der Lenkung des Autos an irgendeiner Stelle menschlicher Verstand dazwischen geschaltet werden. Ob das bei einem – schliesslich von Menschenhand programmiertem Auto – noch der Fall ist, da scheiden sich die Geister: Stichwort «künstliche Intelligenz».
Besonders kritisch ist die Frage danach, wie das selbstfahrende Auto im Fall von Unvorhergesehenem reagiert. Und speziell dann, wenn andere Fehler machen. Weicht ein autonomes Fahrzeug einer drohenden Kollision aus, besteht die Möglichkeit einer Kollision mit einer anderen VerkehrsteilnehmerIn – einer FussgängerIn etwa oder einer RadfahrerIn. Welche VerkehrsteilnehmerIn wird in diesem Fall von dem programmierten Fahrzeug bevor- bzw. benachteiligt? Wird der Rentner vor dem Schulkind bei einem Unfall vom selbstfahrenden Fahrzeug überrollt und die Hausfrau vor dem Regierungsmitglied? Und wie erkennt das Fahrzeug für oder gegen wen es sich entscheidet? Wer wird ausserdem für die Folgen eines Unfalls zur Rechenschaft gezogen? Der Fahrzeughalter oder der Automobilhersteller? Solche pragmatischen und ethischen Fragen werden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf dem Weg zum selbstfahrenden Auto beschäftigen. Wer der problematischen Autokorrektur im Strassenverkehr aus dem Weg gehen möchte, ist auf der sicheren Seite, wenn er/sie einem weiteren Trend der Digitalisierung folgt: Man bleibt Zuhause und betreibt Home Office.
Links: Bertelsmann-Studie «Mobilität und Digitalisierung»
[1] Spiegel Online, 13.12.1999: «Jahrhundert der Mobilität»
[2] Der Bund, 21.06.2016: «Schweizer Arbeitsweg im Durchschnitt 14,5 Kilometer»
[3] Siehe: Wikipedia
Text Nicole Hametner
Konkrete Fotografie
Text Nicole Hametner
Konkrete Fotografie
Sprache und Inhalt
Seit ich mich mit Fotografie auseinandersetze liegt mein Interesse besonders stark in der Flüchtigkeit eines Bildes, in der fragilen Existenz der Bildwerdung und deren Auflösung. Vielleicht bin ich auch der Illusion verfallen, dass Fotografie eine gewisse Abwesenheit zum Vorschein bringen kann. Dieses ständige hin und her zwischen Verschwinden, latenter Präsenz bis hin zur Erscheinung zieht mich immer noch stark in den Bann. Um die Grenze der Sichtbarkeit auszuloten steht der Prozess der Bildentstehung, die Rolle der Zeit und des Lichtes dabei stets im Vordergrund. Die Mechanismen, die Materialität und das Handwerk des technischen Bildes der Fotografie führen mich unweigerlich immer wieder zu Fragen über deren Medienspezifik.
Ein Blick auf deren mediale Eigenheiten zeigt, dass Fotografie sich stets zwischen Abbildung und Inszenierung, Transparenz und Opakheit, Materialität und purem Licht, Figuration und Abstraktion befindet. Was die Fotografie neben den anderen Künsten einzigartig macht ist ihr direkter Bezug zur Realität. Diese Nähe zum Referenten steht im allgemeinen Verständnis meist an erster Stelle. Fotografie bildet ab und was sie abbildet steht im Zentrum. Es erscheint oft beinahe unmöglich der Frage nach dem Dargestellten auszuweichen. Fotografie bedient sich immer der Realität. In dieser repräsentierenden Form steht sie stets als Verweis auf etwas da. Durch ihr Versprechen der getreuen Abbildung hat sie, wenn auch mittlerweile etwas eingeschränkt, immer noch Beweiskraft, dass etwas stattgefunden oder existiert hat.
Wenn sich nun Fotografie anstelle auf die Aussenwelt, ganz auf sich selbst bezieht, befreit sie sich von ihrer Aufgabe der Vermittlung. An der Grenze zwischen Repräsentation und Abstraktion, rückt ihre eigene Form in den Vordergrund und die Bildsprache selbst wird zum eigentlichen Inhalt. Hier ist Fotografie nicht mehr transparentes Fenster zur Welt, sondern opakes Medium das auf sich selbst verweist. Als experimentelles Medium reicht sie weit über die reine Aufnahme hinaus und rückt als autoreferentielle Fotografie ihren ureigenen Prozess der Bildwerdung ins Zentrum. Losgelöst von jeglicher Repräsentation zeigt das Ergebnis nun keine puren Abb- oder Sinnbilder mehr, sondern autonome Strukturbilder.
Konkrete Fotografie
Der Britische Fotograf Alvin Langdon Coburn schrieb 1917 über seine Vortographien, dass diese auf die Fotografie selbst und deren ursprüngliche «Form und Struktur» verweisen. Somit war das Foto nicht länger reiner Verweis auf eine äussere Realität, sondern wurde zu einem eigenständigen Objekt der Betrachtung.
Beinahe ein Jahrhundert später erschien der Begriff der Konkreten Fotografie in der gleichnamigen Publikation von Gottfried Jäger, Rolf H. Krauss und Beate Reese. Laut Jäger sind Konkrete Fotografien Fotografien, die sich den elementaren ureigenen Mitteln des Mediums bedienen. Vollkommen auf sich selbst bezogen vertreten sie keine ausserbildliche Realität mehr. «Sie wollen nichts abbilden und nichts darstellen. Sie sind nichts, das sie nicht selber sind: Objekte, die auf sich beruhen, eigenständig, authentisch, autonom, autogen: Fotografie der Fotografie.»[1]
Zur Klärung von Begrifflichkeiten unterscheidet der Autor Gottfried Jäger vier unterschiedliche Arten von Fotografie: Die Berichtende Fotografie, die sich der äusseren Realität bedient und das Sichtbare abbildet. Daneben die Subjektive Fotografie die Sinnbilder schafft mit dem Ziel eine innere Realität zu vermitteln. Ein Beispiel dafür sind die um das erste Drittel des 20.Jahrhunderst entstandenen Wolkenbilder von Alfred Stieglitz. Sie markieren die Grenze von direkter Interpretation des Sujets hin zur abstrakten Fotografie. Als weitere Gattung in der Fotografie reflektiert die Konzeptfotografie analytisch über die eigene mediale Realität und überprüft deren Sichtweisen. Als viertes Beispiel reiht sich die Konkrete Fotografie ein, deren Strukturbilder durch klare Konstruktion eine Erzeugung von Sichtbarkeit anstreben.[2]
Des Weiteren sieht Jäger in der Abstrakten Fotografie drei Stufen: Abstraktion des Sichtbaren durch Reduktion auf wesentliche Elemente, Visualisierung des Unsichtbaren durch spezielle bildgebende Verfahren und zuletzt Erzeugung reiner Sichtbarkeit. Die dritte Stufe, bildet weder Realität ab, noch dar, sondern stellt laut Jäger eine neue Realität her und bildet somit den Übergang zur Konkreten Fotografie.
«Fotografie, die «Realität» schafft, indem sie die eigenen Verhältnisse zu ihrem Gegenstand macht: Eine Fotografie der Fotografie. Ihre Werke sind selbstbezüglich und eigenschöpferisch. Sie thematisieren ausschliesslich innerbildliche Gesetzmässigkeiten, ausserbildliche «Realität» (Ikonik, Symbolik) ist ausgeschlossen. Konkrete Fotografien sind Objekte ihrer selbst. Als Zeichen sind sie Indizes, Symptome. Sie entstehen aus der schöpferischen Zusammenwirken ihrer ureigensten Mittel: dem Licht, dem lichtempfindlichen Material und dem fotografischen «Apparat». Neben anderen konkreten Künsten (in Malerei, der Musik, der Poesie, im Film) erweist sich Konkrete Fotografie als eigene Kunstform.»[3]
Konkrete Fotografien haben Objekt- und Zeichencharakter und damit die Fähigkeit zur Interpretation. Ihnen allen unterliegt ein unkonventioneller experimenteller Umgang mit dem Apparat selbst und der Reaktion der fotografischen Emulsion mit dem Immateriellen, Flüchtigen der elektromagnetischen Strahlung. 1967 zeigten vier Schweizer Künstler, Roger Humbert, Jean Frédéric Schnyder, Rolf Schroeter und René Mächler ihre Arbeiten in der Berner Galerie Actuelle unter dem Titel Photographie Concrète, das erste Auftreten des Begriffs der Konkreten Fotografie. Weiter waren die erste europäische Galerie für Fotografie die Galerie Form in Zürich und die erste deutsche Fotogalerie, die Galerie Clarissa in Hannover prägend für konkrete europäische Fotografie jener Zeit.[4]
Das Bewusstsein Fotografie als Kunstform zu betrachten ist laut Jäger erst durch die Akademisierung der Fotografie als Hochschulfach in Deutschland Anfang der 70er Jahre und der damit einhergehenden wissenschaftlichen Begriffs- und Theoriebildung entstanden. Gegen Ende des 20ten Jahrhunderts und mit der einhergehenden Krise der Fotografie durch den digitalen Wandel, scheint der Fokus erneut auf den eigenen Bildsystemen zu liegen und der Frage nach der Bedeutung nachzugehen, wenn Abbildungsfunktion und Symbolwirkung verschwinden. So widmen sich auch das Buch Rethinking Photography der Fotografie zwischen Fremd- und Selbstreferenz. Die Kuratorin Charlotte Cotton stellt im Bildband Photography is Magic eine Vielfalt an Positionen aus der Gegenwartsfotografie vor. Die 80 gezeigten Künstler setzen sich alle in einer experimentellen Weise mit Fotografie auseinander und geben ein Verständnis von zeitgenössischer künstlerischer Fotografie wieder. Allen gemein ist, dass sie die Mechanismen des Mediums selbst in den Fokus rücken.
Präzises Beobachten
Selbst nach dem Betrachten der angefügten Bildbeispiele, welche die Relevanz konkreter und abstrakter Fotografie in der Kunst nur anzudeuten vermögen, mag Kritik nach purem Formalismus oder einer reinen Technikspielerei aufkommen.
Wenn wir nun zurück zu deren Gegenpol, der abbildenden Fotografie, dem Fenster zur Welt kommen, stellt sich die Frage ob durch eine scheinbare Authentizität der Dokumentarfotografie die Welt in der wir leben unmittelbarer vermittelt werden kann. Können durch plakative Bildsprachen in der Werbung Inhalte kritischer und präziser einem Publikum ans Herz gelegt werden? Oder ist doch anzunehmen, dass der Betrachter durchaus die Fähigkeit besitzt in einer Darstellung von reinen Lichtstrahlen, Farbverläufen und anderen abstrakten Bildkompositionen etwas für sich Wesentliches darin zu erkennen?
Ich persönlich bin, wenn auch natürlich stark geprägt von der eigenen Faszination am Medium, überzeugt, dass mit dem Fokus auf die ureigenen Phänomene der Fotografie, unsere eigene visuelle Wahrnehmung geschärft werden kann und dass wir die Welt durch eine präzise, sinnliche Beobachtung derer, intuitiv besser verstehen können.
Als Plädoyer für Konkrete Fotografie kann ich nur abschliessend hinzufügen, dass eine weiterentwickelte Sichtweise auf die Fotografie gerade in unserem heutigen Medienwahnsinn dringend notwendig wäre. Wie auch oft aufmerksames Zuhören vor Sprechen eine Tugend sein kann, so kann es bestimmt nicht schaden, Sehen als Form von Erkennen ins Zentrum zur rücken.
[1] Gottfried Jäger, Rolf H. Krauss, Beate Reese: Concrete Photography. Kerber, 2005, S. 43
[2] Ebenda, S. 251
[3] Ebenda, S. 252
[4] Ebenda, S. 51
Interview Déborah Demierre
Interprète communautaire : quand la correction automatique ne suffit pas.
Interview Déborah Demierre
Interprète communautaire : quand la correction automatique ne suffit pas.
Peut-être que «Google translator» est votre outil principal de traduction, dès lors que vous vous frottez à une langue étrangère. Mais aimeriez-vous l’avoir comme unique moyen lors d’une conversation avec votre médecin traitant, devant un tribunal ou encore un notaire ? Ces situations nécessitent une communication précise et une relation directe aux cultures des différents interlocuteurs. C’est dans ce type d’échanges qu’intervient l’interprète communautaire. Il offre bien plus qu’une simple traduction automatique, en contextualisant, au besoin, les paroles émises lors d’un dialogue interculturel. Besa Haradinaj exerce cette activité pour Caritas, dans le canton de Fribourg. Elle témoigne avec enthousiasme de cette profession exigeant précision, discrétion et empathie.
Quelles langues parlez-vous ?
Je parle l’albanais du Kosovo et le français. J’interprète tout type de dialectes albanais : de Macédoine, du Kosovo ou bien sûr d’Albanie.
Qui et dans quelles situations fait-on appel à vous comme interprète communautaire ?
Je travaille principalement pour les migrants nouvellement arrivés en Suisse. Avec une formation dans les domaines du social et de la santé, je suis toujours sollicitée par Caritas. Les situations typiques relatives au social consistent en des entretiens individuels entre enseignants et parents, des rendez-vous avec le Service de l’enfance et de la jeunesse (SEJ) ou encore des convocations chez le Juge de Paix. Quant au secteur qui concerne la santé, j’accompagne des bénéficiaires chez le médecin, le psychologue, le psychiatre. Je travaille fréquemment à l’hôpital cantonal de Fribourg. Celui-ci a un contrat avec Caritas et ne recourt dorénavant plus à ses employés pour des traductions.
Comment vous-êtes vous formée pour ce travail ?
En 1991, je suis arrivée en Suisse avec mon fiancé réfugié. J’ai pu suivre des cours de français avec Caritas durant 6 mois. Ensuite, j’ai été formée comme auxiliaire Croix-Rouge. Mon attestation acquise, j’ai postulé à 3 endroits et j’ai reçu 3 réponses positives ! J’ai choisi de travailler à Marly où j’exerce depuis 23 ans. J’ai ensuite parfait ma formation, en étudiant à l’école d’aide-soignante. A l’époque, je faisais beaucoup de bénévolat pour les Albanais. J’ai décidé alors de proposer mes services à Caritas. Cette association m’a donné des cours ciblés sur la communication, les problèmes psychologiques. Cette formation suivie par des interprètes de différentes langues m’a permis d’obtenir un certificat d’interprète communautaire. J’en suis très heureuse et j’aime énormément ce travail. D’ailleurs, j’étudie actuellement pour acquérir le brevet fédéral d’interprète. Avec ce diplôme, je pourrai travailler pour le Ministère Public. Le domaine judiciaire est très intéressant, même si avec son glossaire et sa structure, c’est le plus compliqué. Dans un avenir proche, j’aimerais continuer mon engagement avec Caritas et ouvrir un petit bureau comme indépendante.
Quelles différences culturelles et pierres d’achoppement existe-t-il entre les cultures kosovares et suisses ?
Un exemple précis est lors de la prise d’un rendez-vous chez un gynécologue pour une bénéficiaire. Pour elle, il est très important que le médecin soit une femme. Cette demande est implicite et liée à la sensibilité culturelle. Du coup, j’arrangerai ce point avec la secrétaire médicale pour qu’il soit respecté. Lorsque je travaille pour le SEJ, un élément qui est revenu fréquemment est la différence dans l’éducation des enfants. En Suisse, c’est important de prendre du temps pour jouer avec l’enfant, le stimuler. Dans la culture kosovare, l’accent sera surtout mis sur l’alimentation et le ménage. Peu de temps après la guerre, les femmes mettaient plus d’énergie dans l’entretien de leur foyer que dans les interactions avec leurs enfants. Elles n’avaient pas l’habitude de s’asseoir ou encore de prendre du temps pour s’aérer avec leur famille. Mais actuellement, la situation change. Lorsque je retourne dans mon village, je constate que ces idées y sont parvenues et que les femmes sortent se balader.
Comment ces différences culturelles s’expriment-elles dans la langue ?
En albanais, la forme de politesse est différente du français : on dit toujours «merci» mais jamais «svp». Parfois, cette différence crée des malentendus avec des soignants ou des enseignants. Ils ne comprennent pas pourquoi les bénéficiaires sont si directs dans leurs demandes. Pour dissiper un malentendu, c’est mon rôle d’expliquer alors ce point aux deux parties. Il y a aussi, tout simplement des mots qui ne se traduisent pas, par exemple, «gastroscopie». Dans ce cas-là, je signale au soignant que je vais définir avec mes mots ce qu’est une «gastroscopie». Je procéderai de la même façon, s’il y a un terme latin sans équivalence en albanais, que le bénéficiaire ne comprend pas. Enfin, l’albanais n’est pas une langue complètement homogène et plusieurs sortes de dialectes existent. Ainsi, je recours à différentes façons de parler, selon si le bénéficiaire vient d’Albanie, de Macédoine ou du Kosovo. La langue utilisée en Albanie recourt à de nombreux emprunts de langues étrangères. Par exemple, pour «majorité» on dira «mazhoranse», mot proche du français, et non pas «shumica». Je dois donc m’adapter à la façon de parler de la personne, comprendre d’où elle vient et lui fournir une traduction la plus simple possible.
Quelles sont les joies du métier?
Ce métier m’apporte beaucoup de joies. En tant qu’interprète, je me sens respectée et importante. C’est aussi très valorisant car certaines situations se dénouent grâce aux suivis. Interpréter pour un bénéficiaire sur le long terme est un point important du travail. En effet, la personne s’exprime mieux, s’ouvre et dit plus facilement ce qu’elle a dans le coeur, si un rapport de confiance avec l’interprète est créé. Cette confiance et cette relation forte ne doivent pas être confondues avec de l’amitié. On peut les renseigner mais pas leur donner des conseils. C’est au professionnel de la santé, du social que revient ce rôle. Enfin, les remerciements personnels qui me sont adressés me font du bien.
Et en quoi résident les difficultés du métier ?
Traduire un diagnostic grave ou un traitement médical lourd reste un moment difficile pour moi. Surtout au début de mon activité, je trouvais ces traductions pesantes. Maintenant, j’arrive à les gérer. Il faut savoir qu’en tant qu’interprète, je suis tenue au secret professionnel absolu et que nous ne sommes pas débriefés. Il m’est arrivé de pleurer en rentrant à la maison après des traductions touchant à la santé. Une autre situation délicate est l’interprétariat lors de consultations psychiatriques. Il demande une concentration accrue. Même si je prends beaucoup de notes, c’est difficile car souvent le patient à un débit de paroles élevé. Je n’aime pas l’interrompre, car ce flux fait partie du traitement et lui permet d’évacuer. Si je manque un mot de la consultation, je le signalerai et le traduirai à la fin, aux deux parties. Au niveau technique, les traductions au bureau de médiation pénale pour mineurs sont souvent très exigeantes, avec la présence de beaucoup de participants : les mineurs jugés, leurs parents et les professionnels de la justice. Souvent, ces différents intervenants parlent en même temps, se coupent la parole, discutent en apparté. Dans de tels cas, il est impératif de fixer un cadre et de le rappeler. Ces règles sont essentielles pour une bonne communication. Par exemple, je traduis en priorité la personne que l’on questionne, pour qui le rendez-vous est organisé et non pas ses proches qui l’accompagnent et qui s’insèrent parfois dans la discution, à n’importe quel moment.
Comment gère-t-on l’intrusion dans l’intimité de la personne que l’on interprète ?
Quand les situations sont dures, en cas de viol, par exemple, le professionnel va nous renseigner par rapport au cas, 10 minutes avant l’entretien. Cette discussion préliminaire me permet de me préparer psychologiquement. Je me rappelle que je suis là pour traduire, pour faciliter une situation de communication. Ainsi, j’arrive à prendre du recul. Quant au reste, c’est au professionnel judiciaire ou soignant de le prendre en charge, de le gérer.
Y a-t-il des personnes que vous refuseriez de traduire car ne correspondant pas à votre sensibilité, à vos valeurs ?
Jusqu’à présent non. Il ne m’est jamais arrivé de ne plus vouloir traduire la parole d’un migrant. En revanche, j’ai beaucoup aidé la famille de mon mari, pendant la guerre, lorsqu’ils étaient requérants d’asile. J’ai effectué énormément de traductions pour eux et de bon coeur. Mais, à un moment, je voyais qu’ils n’avançaient pas. Eux étaient très contents de mes services, mais ça ne me convenait plus. Je leur ai alors demandé formellement s’ils désiraient rester en Suisse. Ils m’ont répondu oui. Alors je leur ai signalé que, dans ce cas, ils ne m’auraient plus comme traductrice. Je leur ai expliqué qu’ils devaient apprendre la langue, l’étudier, s’ils voulaient travailler et vivre en Suisse. C’était comme lorsqu’on apprend à un enfant à marcher. Au début, on lui donne la main, mais à un moment, il faut qu’il essaie seul. Maintenant, toute la famille parle le français et travaille. Je leur sers d’interprète uniquement pour les courriers administratifs compliqués.
Une expression proverbiale italienne dit que « traduire c’est trahir ». Comment s’exprime le devoir de loyauté envers la personne et son discours que vous traduisez ?
Je ne connaissais pas cette expression. Je n’ai et ne trahirai jamais une personne bénéficiaire. En tant qu’interprète, je ne suis pas là pour juger la personne ou son discours. Il ne faut pas non plus chercher à lui rendre service, autrement qu’en traduisant ses paroles. Je ne donne pas mon numéro de téléphone aux bénéficiaires, c’est une règle importante. Tous les téléphones passent par l’association qui agit comme un intermédiaire. De plus, je ne travaille pas en dehors de Caritas.
En cas de difficultés, on peut les exprimer lors de supervisions avec d’autres interprètes de Caritas et analyser des cas compliqués. Elles sont utiles pour apprendre et pour évacuer des émotions fortes, tout en respectant le secret lié à notre rôle.
Essay Claire Gervais
A propos de l’écriture et de son autocorrection
Essay Claire Gervais
A propos de l’écriture et de son autocorrection
Autocorrection de l’écriture…. Il parle de virées le long des bordures du texte, dans ses marges dentelées comme une côte près de la mer, tout proche de l’horizon et par ces mêmes phrases si loin, infiniment ; il parle de temples à grandes portes donnant vers et rimes et prose. C’est comme cela que je le vois, c’est par cela que je corrige. Mais que veut donc dire corriger ? Est-ce à dire qu’il s’agit de biffer, relire, emmarger, relire encore, remplacer, déplacer, alléger ? Et l’autocorrection serait donc ce processus qui s’automatise, qui auto-m’attise ? Oui, sans doute, mais pas seulement. L’autocorrection ne consiste pas seulement à rectifier des mots aux maux de trop, des phrases perdues dans l’emphase de la première heure d’écriture. Il s’agit aussi et surtout de se libérer de l’écriture en soi afin d’y accueillir le lecteur.
Revenons d’abord à l’écriture. L’écriture nous enchaîne dans un endroit non voulu, où elle nous embrasse à plein cri en nous indiquant la marche et les mots à suivre. Une sorte de carte routière ou un plan de route si vous voulez, qui à la fois nous guide et nous perd tout à fait. Les routes, ruelles, montagnes et mers se dessinent au fur et à mesure que l’encre sèche sur la page. La ponctuation apporte le mouvement, et décide, par son rythme, la vitesse à donner à cette randonnée sauvage. La course des phrases, brèves ou étonnamment longues, indique le souffle à donner en contre-mesure.
Dans ce processus qui oscille entre une découverte de terrain et randonnée nonchalante dans des contrées perdues, les mots, leurs poids et leurs significations n’ont que très peu de choses à dire. L’écriture n’est pas un discours. Elle ne conférence pas. Elle n’est pas référence. Elle n’obéit à aucune règle et pourtant, elle en crée au moment même où les premiers mots s’inscrivent sur le papier. C’est là que se trouve l’esclavage de l’écrivain, les cicatrices de l’auteur. À l’instant même où sa main effleure leurs significations. Et c’est justement là, où une sorte de bataille prend forme. D’une certaine manière, tout le travail de l’écrivain consiste à s’affranchir des lois de l’écriture tout en les conservant. Comme une marche en pleine montagne par temps brumeux et à l’orage. Une lutte contre les éléments qui ne peut faire autrement que de les intégrer dans son périple. Une lettre reste une lettre, un mot un mot, un point un point. L’écriture, et son autocorrection, consiste à les utiliser comme ses propres armes tout en les destituant entièrement, voire, en les tuant pleinement.
C’est par ce geste meurtrier, suicidaire, que s’enfante un texte digne d’être lu. Par dignité je n’entends aucunement une quelconque qualité, mais bien une mouvance intérieure apte à être livrée au tout venant, prête à vivre son propre contenu. Comme le relevé topographique d’un territoire inconnu, parcellaire mais indiquant quelques directions possibles ou improbables, le texte se livre au lecteur et lui propose des voies navigables que lui seul peut décider de suivre ou de modifier. Le lecteur, par son « redessinage » de la page, apporte la liberté qu’un auteur ne pourra jamais donner. Car en soi, pour l’écrivain, l’écriture est un acte révolutionnaire. C’est une soif de mouvement et de liberté vouée dès le début à l’échec, mais justement, pour cela, plus que nécessaire. L’écriture n’a que faire d’être lue, mais sa lecture est primordiale à son existence. C’est sans doute dans cette contrainte là que l’écrivain, sans pour autant se soucier du lecteur, peut y trouver un semblant de souffle libertaire. Les chaînes qu’il tisse au fur et à mesure des mots sont les mêmes drapeaux et banderoles qui guideront les pas du récit vers sa libération sous forme de texte fini, et donc détruit, car ne lui appartenant plus. L’écriture et son autocorrection, c’est un meurtre en place publique où l’écrivain joue à la fois le rôle du bourreau, du condamné, et du charpentier ayant construit l’échafaud. À vous maintenant, lecteur, de crier les hourras, de huer à la mort de l’auteur, ou d’en apprécier les interlignes sacrificielles.
Conjugaction* du verbe AUTOCORRECTURER :
Je corrigeâme
Tu faute-pestes
Il coquillarde
Nous raturaillons
Vous tippexez
Elles rayonnent
* Conjugaction : Conjugaison de verbes n’ayant aucun besoin d’un dessein ou d’une racine commune pour avancer en cadence… ou en décadence.
Tipp Thomas Lindemann / monopol
The Story of Emoji
Tipp Thomas Lindemann / monopol
The Story of Emoji
In der Kunstgeschichte liegt manch ein Ursprung ganz im Dunkeln: Bis heute wird zum Beispiel gerätselt, wer für «Mona Lisa» Modell sass. Ein Hoch auf das digitale Zeitalter. Wir wissen genau, dass das Emoticon am 19. September 1982 in die Welt kam: Scott Fahlman, ein Informatikprofessor aus Pittsburgh, schrieb damals in einem Bulletin Board den folgenschweren Satz: «Ich schlage folgende Zeichenfolge vor, um Witze zu markieren: :-).»
Bunt und schrill wie sein Thema ist er, der Band «The Story of Emoji» des Londoner Autors Gavin Lucas (gemeinsam mit dem Grafikdesigner FL@33). Aber auch verdammt informativ. Denn die Zeichensprache, die aus Kurznachrichten heraus einen weltweiten Siegeszug antrat, hat eine Geschichte. Den Smiley, einen gelben Kreis mit Augen und Mund, erfand bereits 1963 der Illustrator Harvey Ball, in den 90ern programmierte der Japaner Shigetaka Kurita erste Emojis für eine Telefonfirma, das Smartphone machte sie bald allgegenwärtig. Das Tränen lachende Smiley, die betenden Hände, die drei Affen oder Verzeihung; ein lachender Haufen Scheisse, sie alle sind seither in die Popkultur eingegangen. Bunte Bildzeichen vermitteln die ganze Bandbreite menschlicher Emotionen – ohne Worte.
Schon Ende des 19. Jahrhunderts haben Magazine mit Emoticons aus Punkt, Strich und Bogen gespielt, und eine gewisse Tiefe bekommt der Band, wenn der Autor über Typografie und Bildsprache philosophiert und ein Emoticon schon in britischer Lyrik des 17. Jahrhunderts entdeckt haben will. Das Thema hätte durchaus noch mehr solcher historischer Referenzen vertragen können: Der deutsche Leser denke etwa an den «Sachsenspiegel», den Rechtskodex von 1230, der durch das Bild genauso viel spricht wie durch den Text. Wenn es um die Aussteuer einer Frau geht, hängen im Bild Kleider an einer Stange.
Offensichtlich strebt unser Zeitalter zurück zu einer solchen illustrierenden Sprache. Das zeigen die zahlreichen, oft erstaunlichen Emoji- Experimente, die den Hauptteil der «Story of Emoji» ausmachen. Den gesamten Film «The Big Lebowski» hat da jemand in den Symbolen nacherzählt, eine Internetgemeinschaft den Roman «Moby Dick» in Emojis übertragen – als «Emoji Dick».
Man kann die Bildsprache der lachenden und albernen Symbole heute schon wieder historisch lesen, als Popkunst auf ihrem Höhepunkt, von dem aus es nur noch abwärts gehen wird. Dafür sprechen nicht nur manche Kuriositäten (eine Aubergine soll das international gültige digitale Phallussymbol sein?), sondern auch, wie sehr die Mainstream kultur die Emojis vereinnahmt hat: Das Grafikdesignstudio Mirko Borsche gestaltete dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks einen ganzen Jahresbericht in Emojis. Ikea erfand einige Symbole für Werbezwecke, Sony bereitet einen Emoji-Film vor. «The Story of Emoji» ist auch der Blick auf eine Kunst, die sich gerade zu Tode siegt. Ein höchst amüsanter allerdings.